Rückblicke und Ausblicke
August 2024: 35. Musikfest Bremen - Musikalisches Sommerfest bei Hermann Allmers begeistert
„Bei meinem ersten Besuch hier habe ich eine Vision gehabt, und die ist heute aufgegangen“, sagt Musikfest-Intendant Professor Thomas Albert mit deutlicher Begeisterung. An einem sonnigen Sonntag habe er das Allmers-Haus in Rechtenfleth besucht und sich die historische Stätte als Veranstaltungsort für das Musikfest Bremen vorgestellt. Ebenfalls an einem sehr sonnigen und warmen Tag wandeln nun die Konzertgäste durch das Haus, in dem der Dichter und Schriftsteller, Heimatforscher, Künstlerfreund, Visionär und Landwirt Hermann Allmers von 1821 bis 1902 lebte. Ein Haus mit Erzählenergie, wie Thomas Albert es in seiner Begrüßungsrede betitelt. Man wolle ein Fest feiern in der Vorstellung, dass Hermann Allmers hier noch leben würde. „Er ist nur gerade mal einkaufen in Hagen.“
Und tatsächlich, das Wandelkonzert, dass das ganze Haus mit einbezieht, hätte sicherlich auch zu Zeiten von Hermann Allmers so stattfinden können. Die Gäste sind in zwei Gruppen aufgeteilt. Während die eine Hälfte Musik von Bariton Äneas Humm und Pianistin Doriana Tchakarova in der Kulturscheune genießt, spielt Akkordeonist Goran Stevanovich auf der Diele, der Groot Deel, sein Programm. Die Vorlagen sind zeitgenössisch. So hat Johannes Brahms das Gedicht Feldeinsamkeit von Hermann Allmers ebenso vertont wie der amerikanische Komponist Charles Ives. Der deutsche Komponist Robert Kahn hat die Allmers-Texte Haidenacht und Novemberfeier auf die musikalische Ebene gebracht. Äneas Humm präsentiert, begleitet von Doriana Tchakarova, die Lieder mit Hingabe und sorgt für eine passende, leicht melancholische Stimmung. Goran Stevanovich widmet sich mit Astor Piazollas „Ave Maria“ der musikalischen Darstellung des Allmers-Gedichts „Das Ave Maria im Gebirge“, auch das Allmers-Gedicht „In den Trümmern der Klosterkirche zu Hude“ findet in einem Stück Berücksichtigung.
Die Pause nach dem ersten musikalischen Block verbringen die Gäste im mediterran anmutenden Garten. Mit Getränken und kleinen Häppchen, vielleicht ganz so, wie Allmers´ Gäste es zu seiner Zeit getan haben. Auch das Außengelände wird zum Konzertspielort. Akkordeon-Klänge ganz in der Nähe der Allmers-Büste, Klaviermusik in der Kulturscheune und noch einmal die Feldeinsamkeit auf der Terrasse, gepaart mit weiteren Liedern aus der Zeit von Hermann Allmers. Auch für die Künstler ein außergewöhnlicher Ort: „Historische Musik an einem historischen Ort ist immer etwas Besonderes“, so Pianistin Doriana Tchakarova.
Als etwas Besonderes empfinden auch die Gäste den Ort: „Ich habe verschiedene Assoziationen, der Garten erinnert mich an Südfrankreich, das Haus an das Goethe-Haus in Weimar. Und das Arbeitszimmer von Hermann Allmers ist sehr inspirierend. Ich könnte mir auch vorstellen, dort zu arbeiten“, sagt eine Besucherin aus Bremen. Von einer gelungenen Veranstaltung in netter Atmosphäre ist immer wieder die Rede. Während der Pause besteht die Möglichkeit für eine Besichtigung des Hauses, das bis heute nahezu im Originalzustand erhalten und seit 1988 Eigentum des Landkreises Cuxhaven ist. Dr. Axel Behne, Hardy Köhler und Uwe Schulze übernehmen die Führungen.
Vor Konzertbeginn hatte die aus Bremen stammende Kulturjournalistin Kristina Maidt-Zinke die Person Hermann Allmers in einem Vortrag versucht einzuordnen. Keine einfache Aufgabe:
„Hermann Allmers ist einer, der sich schwer bis gar nicht einordnen lässt. Er war Hofbesitzer, Dichter, Zeichner Sammler, Volksbildner und Reiseschriftsteller - ein Solitär, genau wie das Anwesen, das in der Wesermarsch anmutet, als wäre es vom Himmel gefallen“, so ihre Beschreibung. Bei ihren Recherchen sei ihr klar geworden, dass Hermann Allmers zu den bemerkenswertesten Gestalten des 19. Jahrhunderts gehörte. Er habe die Idee gehabt, einen Ort der Bildungsvermittlung zu schaffen, an dem auch ein Abglanz von Italien erlebt werden konnte. So habe er Haus und Garten nach einer Italien-Reise 1860 mit Hilfe seiner Künstlerfreunde umbauen lassen. „Das musikalische Programm erzählt von Heimat und Fremde, von Italien und anderen exotischen Gegenden, vor allem aber von der Sehnsucht in all ihren Facetten“, so Kristina Maidt-Zinke.
Möglich geworden ist das musikalische Sommerfest bei Hermann Allmers, ebenso wie jeweils ein Konzert in der St. Laurentius Kirche in Dedesdorf-Eidewarden (Gemeinde Loxstedt) und den Hapag-Hallen in der Stadt Cuxhaven, durch die erstmalige Zusammenarbeit der Musikfest-Verantwortlichen mit dem Landkreis Cuxhaven. 30.000 Euro hat der Landkreis in diese Kooperation investiert. Friedhelm Ottens, Erster Kreisrat des Landkreises Cuxhaven, hofft, die Zusammenarbeit auch in Zukunft fortsetzen zu können: „Ich fände es schön, wenn wir Teil des Musikfestes bleiben“, sagt er. Die Zustimmung aus den politischen Reihen stehe noch aus. Für seine Bilanz zum musikalischen Sommerfest bei Hermann Allmers reicht ihm ein Wort: „Wunderbar.“
Text: Andrea Grotheer